Bürener Kantorei Konzerte 2023
Zum zweiten Mal fanden in diesem Sommer jeweils Freitagsabends im September Konzerte in den Kirchen und Kapellen rund um Büren statt. Veranstalter war auch in diesem Jahr der Förderverein Johann Patroclus Möller Orgel e.V. in Kooperation mit der Pfarrgemeinde St. Nikolaus Büren. Das von Dekanatskantor Stephan Wenzel entwickelte Konzept der Reihe, unterschiedliche Kirchenräume der Stadt mit entsprechender Musik bzw. Ensembles zu nutzen, ermöglichte es den zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern auch in diesem Jahr wieder unterschiedliche Klangerfahrungen sammeln und genießen zu können.
Den Auftakt der Konzertreihe gestaltete das Posaunenquartett „Trombastic4“ im
Kreuzgang des ehemaligen Klosters Böddeken in Büren-Wewelsburg. Die vier jungen Musikerinnen und Musiker von der Robert Schumann Musikhochschule Düsseldorf begeisterten mit differenziertem und ausdrucksstarkem Posaunenspiel. Die ersten drei Musikstücke aus der Zeit der Renaissance (Gabrieli, Venosa und Scheidt) wurden dabei zu Beginn des Abends auf historisch nachgebauten Instrumenten mit intonationssicherem und homogenem Spiel vorgetragen. Raumklang und der Klangraum des mittelalterlichen Kreuzgangs schufen dabei eine interessante Verbindung. Mit dem Vortrag der Originalkompositionen für vier Posaunen von Ludwig van Beethoven (Drei Equale) erweiterten die vier Musikerinnen und Musiker dann das Klangspektrum durch den Einsatz der modernen Posaunen. Hier überzeugte das Quartett mit gefühlvollem Instrumentalspiel, bevor im anschließenden „Eerste Trombone Kwartett“ der schwedischen Komponistin Saskia Apon die beeindruckenden virtuosen Qualitäten des Quartetts zum Ausdruck kamen. Die vielfältigen spieltechnischen Anforderungen wurden u.a. durch unterschiedliche Artikulation und dynamisch differenziertem Spiel - im perfekten Zusammenspiel – bravurös gemeistert.
Dies gilt auch für die mit großer Spielfreude vorgetragene „Willhelm Tell-Ouvertüre“ von G. Rossini in der Bearbeitung für vier Posaunen von Thomas Horch, die endgültig den Funken der Begeisterung auf das Publikum überspringen ließ. Mit Standing Ovation wurden die vier nur ungern entlassen, wobei sowohl die Interpretation eines amerikanischen Gospelsongs als auch der gefühlvolle Vortrag des Volksliedes „Im schönsten Wiesengrunde“ als Zugabe noch einmal das vielfältige stilistische Können des Quartetts zum Ausdruck brachte und die Zuhörerinnen und Zuhörer einen wunderschönen Abend ausklingen ließ.
Ungewöhnliche und facettenreiche Klangbilder konnten die Zuhörerinnen und Zuhörer beim zweiten Konzertabend in der nur selten geöffneten Bürener Sakramentskapelle, ein Bauwerk des berühmten Barockarchitekten Conrad Schlaun, genießen. Das „Duo Gambelin“, Anna Zimre (Viola da Gamba) und Christian Elin (Bassklarinette, Saxophon) war zu Gast und entführte die Besucher in der vom sommerlichen Abendlicht gefluteten Kapelle in eine besondere Klangwelt, die sich dem Festmachen an Stilen entziehen will und gekonnt mit Elementen von Renaissance bzw. Barockmusik und Jazz spielte und dabei einen ganz eigenen neuen Zauber entfaltete. Ob in der Komposition „Tratado de glosas“ des Gambenspielers Diego Ortiz (1510-1570) oder in der Eigenkomposition „La Chiesa“ von Christian Elin – grundlegend war die mit reichlichen Verzierungen geschmückte Improvisation auf der Basis einer einfachen Melodie, die musikalische Schönheit hervorbrachte. Diese reiche, musikalische Sprache zeigte sich auch in Bearbeitungen des Liebesliedes „Besame mucho“ oder den Auszügen aus den Goldberg-Variationen von J.S. Bach. Eine klangliche Offenbarung war das Saxophonsolo, „prelude and hym“, mit dem Christian Elin die Zuhörerinnen und Zuhörer begeisterte. Im wunderbaren, nahezu intimen Ambiente bot sich ein Konzertabend wie ein Film, der die Zeit vergessen ließ.
Mit anderen, diesmal vokalen Klängen, in eine andere Welt entrückt wurden die Zuhörerinnen und Zuhörer des dritten Konzerts in der Bürener Jesuitenkirche. Das Männerensemble Sonat Vox unter der Leitung von Richard Stier berührte die zahlreichen Gäste durch höchste gesangliche Qualität. Dabei erreichten die jungen erwachsenen Chorsänger – alles ehemalige Mitglieder des Windsbacher Knabenchores - schon zu Beginn des Konzerts mit dem ersten Stück von R. Mauersberger „Herr lehre doch mich“ - auch bei den Zuhörerinnen und Zuhörern - eine ungeheure Intensität und Spannung, die im Laufe des Abends nie verloren ging und sich erst am Schluss des beeindruckenden Konzerts in einen Applaus mit Standing Ovation löste. Nicht nur in den sechs geistlichen Vertonungen zu Beginn, sondern auch im weiteren Verlauf des Konzertes mit weltlichen Kompositionen von F. Mendelssohn-Bartholdy („Jäger Abschied“), F. Schubert („Der Entfernten“, „Grab und Mond“) und F. Silcher („König von Thule“) verzauberten die engagierten Sänger die Anwesenden mit intonationssicherem, homogenem Chorklang und dynamischer Variabilität. Exemplarisch für die ausdifferenzierte Textinterpretation aller vorgetragenen Vokalstücke kann das bekannte „Heilig“ von F. Schubert erwähnt werden. Der emotionale, tief bewegende, Vortrag glich einem inniglichen Gebet, das alle Zuhörerinnen und Zuhörer andächtig aufnahmen. Mit einem „Abendlied“ des zeitgenössischen Komponisten Alwin Schronen endete dieser beeindruckende Konzertabend.
Das vierte Konzert in einem gleichermaßen privaten und idyllischen Konzertrahmen gewährte die Familie von Fürstenberg auf ihrem Anwesen. Hier lud Dekanatskantor Stephan Wenzel (Orgel/Klavier) mit seiner Frau Carla (Gesang) und Nelli Hein (Viola) zu einem Haus- und Gesprächskonzert ein. Dabei war dieser Abend räumlich zweigeteilt. Zunächst stand die historische barocke Orgel in der Kapelle im Focus. Hier musizierten die drei Musiker zunächst auf der Empore (wobei auch das Publikum hier Platz nahm und die Nähe zu den Ausführenden genoss). Stephan Wenzel eröffnete solistisch mit einem Rigaudon von G. Muffat mit großer Spielfreude den Abend, bevor er dann in den folgenden Stücken von J.C. Pepusch („Love frowns in beauteous Myra´s eyes“ für Gesang und Viola) und G.F. Händel (Sonate g-moll für Viola und b.c.) die Begleitung übernahm. Im angrenzenden Kapitelsaal des Anwesens wurden die Zuhörerinnen und Zuhörer anschließend in die Welt der musikalischen Romantik geführt, wobei das abwechslungsreiche und klug durchdachte Programm durch den steten Besetzungswechsel kurzweilige niveauvolle Unterhaltung bot. Neben den drei Kunstliedern von R. Schumann („Auf einer Burg“, „In der Fremde“, „Die Stille“) erklang hier Schuberts „Adagio“ (aus der Arpeggione Sonate für Viola und Klavier) und führte in eine stimmungsvolle Atmosphäre. In besonderer Weise überzeugten Nelli Hein und Carla Wenzel beim Vortrag der beiden Vertonungen von G.Holst („Jesu sweet“, „My Leman is so true of love“) durch das spieltechnisch anspruchsvolle Violinspiel und einer warmen klangvollen Stimme. Dies gilt ebenso für die beiden Stücke von G. Fauré („Au bord de léau“, „Le Papillon et la Fleur“), bei denen Stephan Wenzel den Klavierpart im perfekten Zusammenspiel mit seiner Frau in beeindruckender Weise meisterte. Mit der „Romanze“ von G. Henschel verabschiedeten sich die drei Musiker und ließen einen Abend mit großem Hörgenuss ausklingen.
Zum Abschluss der diesjährigen Konzertreihe gastierte das „Trio Piccorgan“, bestehend aus den beiden Trompetern Miguel Conde und Diego Garcia Jiménez sowie dem Organisten Daniel Cardiel, in der Pfarrkirche St. Nikolaus. Mit großer Spielfreude und konzertantem Können brachten sie die leuchtenden Farben barocker Musik in erlesener Qualität zum Klingen und bereiteten den Zuhörerinnen und Zuhörern einen unvergesslichen Hörgenuss, der vielleicht bei dem einen oder anderen Gast schon eine gewisse Vorfreude auf weitere Bürener Kantorei-Konzerte weckte.
Im Anschluss eines jeden Konzertes lud der Förderverein Johann Patroclus Möller Orgel e.V. zu einem Umtrunk ein, der von allen Zuhörerinnen und Zuhörern gerne angenommen wurde. So konnte in entspannter Atmosphäre ein guter Austausch – nicht nur über das gerade beendete Konzert – stattfinden und ließ im Nachklang alle beglückt nach Hause gehen.
Johannes Zimmer